Sylt. Lieblingsinsel der Deutschen (naja gut, nach Mallorca vielleicht) und oft verschrien als Treffpunkt der Reichen und Schönen bzw. der Schicki-Micki-Gemeinde der Republik.
Für mich ist Sylt aber sehr viel mehr als das: nämlich Sehnsuchtsort, Ort zum Krafttanken und verbunden mit ganz vielen Erinnerungen. Was bei dieser Pauschalverurteilung auch oft unter den Tisch fällt ist die überragende Schönheit der Insel: Wo sonst in Deutschland findet man kilometerlange Sandstrände, unverbaute Dünenlandschaften, Heidekraut soweit das Auge reicht und diese unfassbare Weite? Wer Ruhe und Natur pur sucht wird auf Sylt genauso fündig, wie derjenige, der Trubel, das inseltypische Sehen-und -Gesehen-Werden und eine lässige Portion Dekadenz mag. Genau dieser Kontrast ist es, der Sylt für mich so besonders reizvoll und zu einem meiner absoluten Lieblingsplätze macht. Und das Ganze quasi vor der Haustür, denn von uns aus ist Sylt eben auch mal wunderbar für einen Spontantrip zu erreichen.
„Ich liebe die Weite der Insel. Das Watt vor Kampen ist meine Fundgrube, hier entdecke ich jede Tag neue Formen und Farben. Ohne Sylt wäre ich wie ein Fisch ohne Wasser.“
Schön auch, dass man bei jedem Besuch noch etwas Neues entdeckt. Diese Bronzetafeln, aufgestellt im Rahmen des Kampener Kunstpfades im Jahre 2o10 (!) habe ich diesmal tatsächlich das erste Mal bewusst wahrgenommen, obwohl ich wahrscheinlich schon hundertmal dran vorbeigelaufen bin.
Und so überragend Sylt im Sommer auch ist – inklusive Brandungsbaden (sofern denn Brandung ist) und meiner geliebten blauen Stunde in der Buhne, so sehr mag ich die Insel aber auch im Winter.
(kleine Randbemerkung: ich entscheide mich schon bewußt für einen Inseltrip im Januar oder im Februar, weil ich das raue Winterklima einfach extrem gerne mag: So war der Plan auch dieses Mal. UND DANN DAS: Surprise, Surprise-und der kleine Februar macht plötzlich einen auf Mai. Geht’s noch? Also doch schon eher Shorts statt Daunenjacke? Naja, ganz so war’s dann doch nicht, trotzdem war statt Gummistiefeln & Handschuhen eher die Sonnenbrille unser unverzichtbarer Begleiter)
Aber schön war’s. Und auch wenn die Bilder vielleicht schon ein bisschen mehr nach Frühling aussehen und wir statt Glühwein tatsächlich schon den ersten Aperol Sprizz des Jahres im Freien genießen durften, gibt’s jetzt hier trotzdem sieben ultimative Gründe, warum ich die Insel im Winter vielleicht noch einen Tick lieber habe:
1.
Sofern man nicht zu den Glücklichen gehört, die auf Sylt eine Immobilie Ihr Eigen nennen, stellt einen ein Sylt-Besuch als Erstes ja immer vor die Frage. Wo Übernachten? Denn in der Hauptsaison sind freie Betten echt knapp und selbst einen Stellplatz für den Bulli bekommt man nicht immer so ohne Weiteres. Im Winter ist das schon deutlich einfacher, man kann sich auch spontan für eine kleine Inselauszeit entscheiden und den einen oder anderen Euro spart man dabei auch noch.
2.
Sylt ist ja bekannt für seine kilometerlangen Sandstrände. Von denen einige die meisten im Sommer aber auch ganz schön voll werden können und deswegen genieße ich es in der Nebensaison umso mehr, dass sich eben keine Menschenmassen hier entlang schieben und man den Strand auch mal komplett für sich alleine haben kann.
Herrlich-morgens die ersten Spuren in den noch jungfräulichen Sand laufen und auch die Strandkörbe befinden sich noch im Wintermodus:
Auch auf der alten Inselbahntrasse sind wir kilometerlang gelaufen, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Im Sommer undenkbar, da wird ein Spaziergang bei der Horde an Radfahrern, die hier dann zum Teil echt harakirimäßig auf der Bahn ist, nämlich schnell lebensgefährlich.
3.
auch wenn’s Vielen vielleicht langweilig vorkommen mag und ein bisschen erinnert an „und täglich grüßt das Murmeltier“: Sylt besteht zumindest für mich auch aus Traditionen. Aus vielen Traditionen, von denen manche mittlerweile auch Bestand haben seit ich denken kann. Und so gehört ein Besuch in der Kupferkanne inklusive eines großen Stückes Kirschkuchen mit Streuseln und Sahne (und ja! Es MUSS Kirschkuchen sein!) und einer dampfenden Schüssel Milchkaffee (der übrigens immer zu heiß ist) zwingend dazu. Damit bin ich aber offensichtlich nicht alleine, denn im Sommer stapeln sich hier die Menschen. Umso Schöner deswegen, im Winter herzukommen: kein zeitliches Taktieren (wann ist es eventuell am leersten?), kein aktives Anstehen und nervöses Hin- und Herlaufen in dem labyrinthartigen Café (daß das Ding so verwinkelt ist erschwert die Tischsuche ja nochmal um ein Vielfaches), um dann ja als erstes mit einem gekonnten Hechtsprung den nächsten freiwerdenden Tisch zu ergattern, und vor allem auch keine prophylaktische Überzeugungsarbeit der Reisebegleitung, dass man AUF JEDEN FALL so lange warten möchte, bis ein Platz frei wird. Ankommen, Hinsetzen, Bestellen und Mutti ist happy!
Das gilt übrigens nicht nur für die Kupferkanne, sondern für die meisten anderen Restaurants auf der Insel auch. Spontan Essengehen in der Hochsaison geht eigentlich nur, wenn man entweder sehr antizyklisch unterwegs ist oder seine Ansprüche extrem runterschraubt.
Dafür nehme ich es auch gerne in Kauf, daß in der Nebensaison die ein oder andere Lokalität geschlossen ist und die Gastronomen ihren wohlverdienten Jahresurlaub nehmen.
4.
im Winter kann man seinen Voyeurismus so völlig ungehemmt ausleben. Mal Hände hoch wer noch gerne in fremde Vorgärten luschert? Und nirgends geht das nämlich so wunderbar wie zB. in Kampen. Da gibt’s schon ziemliche Traumhäuschen zu bestaunen und der Ort ist im Winter nahezu komplett ausgestorben. Eine meiner Lieblingsspazierrunden durch Kampen (inklusive Einkehrschwung versteht sich) findet ihr hier. Nur den Termin fürs Biike-Brennen sollte man unbedingt im Kopf haben. Dann verwandelt sich Sylt nämlich selbst im Februar kurz mal in ein Tollhaus, um danach auch sofort wieder in Winterschlaf zu verfallen. Obwohl ich die Tradition eigentlich sehr schön finde, versuche ich diese eine Woche aber nach Möglichkeit zu meiden und lege meinen Aufenthalt gerne auf die Zeit davor oder danach.
5.
die Farben: das sanfte Lichtspiel, wenn die Sonne langsam auf- bzw. untergeht und der Winterhimmel auf Sylt sind einfach unschlagbar. Ich bin zwar schon Frühaufsteher, aber im Sommer pünktlich zum Sonnenaufgang auf der Uwe-Düne zu stehen ist ganz schön sportlich. Im Winter hingegen durchaus machbar und verbunden mit der ersten Hunderunde am Strand einfach nur traumhaft schön!
6.
Ich liebe Sauna, für mich aber eher ein Winter- als ein Sommerding und deswegen geht doch nix über eine ausgiebige Saunarunde, wenn man durchgefroren nach einem langen Strandspaziergang nach Hause kommt. Wer mag, kann sogar eine der Strandsaunen aufsuchen, wie hier in Hörnum und sich hinterher todesmutig in die Nordsee stürzen:
Das hab‘ ich mich bisher allerdings nur im Sommer getraut, denn der Weg, den man aus der Sauna bis zum Meer zurücklegt, kann im Winter nämlich doch ganz schön lang werden.
Diesmal ist uns beim Laufen zwar eher warm statt kalt geworden, aber wenn die Sonne dann plötzlich weg ist wird’s doch schnell fröstelig und Sauna die perfekte Ergänzung für unsere müde gelaufenen Beine.
7.
nicht zu vergessen der gesundheitliche Aspekt: lange Strandspaziergänge sind gut für unseren Vitamin-D-Haushalt (und um den ist es bei uns armen Nordeuropäern im Winter ja eh nicht so sonderlich gut bestellt) und die große Dosis Vitamin Sea einfach nur gut fürs Gemüt. Und dass das Nordsee-Reizklima unsere Abwehrkräfte stärkt, ist ja wohl auch hinlänglich bekannt. Wer einmal abends todmüde ins Bett gefallen ist nach einer Überdosis Norseeluft, weiß vermutlich wovon ich rede.
Also, nix wie los, einmal über’n Damm, rein in die Gummistiefel und die Pudelmütze auf. Sylt tut einfach gut- zu jeder Jahreszeit. Und draußen stehen die Zeichen zumindest hier ja auch grad eher wieder auf Herbst/Winter als auf Frühling.
Ich hoffe, Ich konnte Euch zumindest ein kleines Stückchen meiner Syltliebe nahebringen und vielleicht verratet Ihr mir ja mal Eure Insel-Highlights.
Ich freue mich jetzt nämlich schon wieder riesig auf mein nächstes Inselabenteuer und das ist zum Glück auch gar nicht mehr lange hin!
Euch wünsche ich jetzt noch ein feines Rest-Wochenende & habt’s hübsch
Britta
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